Dr. med. Gerald Hanf
Dr. med. Juliane Ackermann-Simon
Dr. med. Katarzyna Hansen

Privatärztliche Gemeinschaftspraxis

Allergie- und Asthma-Zentrum Westend
Praxis Hanf, Ackermann u. Hansen Spandauer Damm 130, Haus 9
14050 Berlin

Tel. 030 / 30 20 29 10
Fax 030 / 30 20 29 20

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Fachbuch zu sämtlichen Allergieformen

Fachbuch zu sämtlichen Allergieformen
Trautmann & Kleine-Tebbe: Vollständig überarbeitete 3. Auflage 2017, 544 S., 177 Abb., gebunden (incl. Digital-Version)
ISBN: 9783131421838
Thieme Verlag 6-2017

Einführung mit kommentierten Kasuistiken (klinische Fälle)

Einführung mit kommentierten Kasuistiken (klinische Fälle)
Kleine-Tebbe & Jappe: Überarbeitete Buchausgabe nach "Allergologie"-Heft 8/9-2013, 154 S., 32 Abb., 17 Tab.,
ISBN: 978-3-87185-491-0
Dustri-Verlag 9-2014

Fachbuch zur Molekularen Allergologie

Fachbuch zur Molekularen Allergologie
Jörg Kleine-Tebbe & Thilo Jakob (Hrsg.):
1. Auflage, 392 S., 190 Abb., gebunden
ISBN: 978-3-662-45220-2
Springer Medizin 10-2015

Fachbuch (engl.) zur Molekularen Allergologie (free access)

Fachbuch (engl.) zur Molekularen Allergologie (free access)
PM Matricardi, J Kleine-Tebbe, HJ Hoffmann, R Valenta, M Ollert (Hrsg.): Molecular Allergology User´s Guide 2016. ISBN: 978-3-033-05653-4. Veröffentlicht durch die EAACI (europäische Allergologenvereinigung), 6-2016, Download als PDF-Datei (38,6 MB), dazu auf das Cover klicken

2 Erkrankungen, die durch eine Allergie entstehen können

2.1 Allergische Bindehautentzündung und allergischer Schnupfen


Am häufigsten äußert sich eine Allergie der Schleimhäute als sogenannter
Heuschnupfen mit Beschwerden an der Nase und den Augen. Ist eine Sensibilisierung
(Entstehungsprozeß der Überempfindlichkeit des Immunsystems) erst einmal
eingetreten, können bei erneutem Kontakt der Schleimhäute die betreffenden
Allergene zahlreiche Beschwerden auslösen.

Wenn die Augen jucken…


Bei einer saisonalen Allergie, d.h. Beschwerden mit jahreszeitlicher Abhängigkeit, sind
sehr häufig Augen und Nase gemeinsam betroffen. Die Augen fangen an zu jucken, die
kleinen Blutgefäße in der Bindehaut treten deutlich hervor und es entsteht ein heftiger
Tränenfluß. Wegen dem lästigen Juckreiz reiben sich die Betroffenen häufig die Augen,
so daß die Schleimhaut noch mehr anschwillt und die Entzündung am Auge zunimmt.

…und die Nase läuft…


Die allergischen Entzündungsstoffe führen an der Nase ebenfalls zu Juckreiz und man
fängt an zu niesen. Ein wäßriger, glasklarer Schnupfen läuft ständig aus der Nase und
durch eine Schwellung der inneren Nasenmuscheln kann die Nase völlig „dicht“ sein.
Bei starken Beschwerden kann die Allergie an Auge und Nase für den Betroffenen
enorm lästig werden. Bei ausgeprägter Allergie reagiert die Schleimhaut im Nasen-,
Mund- und Rachenraum mit; es juckt und kribbelt, durch Zuschwellen der Verbindung
zwischen Nase und Ohren können auch letztere in Mitleidenschaft gezogen werden.

…kann eine Allergie daran schuld sein


Das anfallsartige, nichtendenwollende Niesen kann so ermüdend sein, daß sich
schließlich Abgeschlagenheit und körperliche Erschöpfung einstellen können. Bei
derartigen Beschwerden fühlen sich die Betroffenen in der Regel sehr schlecht; die
allgemeine Befindlichkeit und persönliche Leistungsfähigkeit sind stark eingeschränkt.

K.o. durch Allergiebeschwerden?


Dem Nichtallergiker ist das Ausmaß dieser Beeinträchtigung häufig nicht klar.
Der Allergiker muß daher nicht selten neben seinen Beschwerden auch noch Witz und
Spott ertragen. Lassen Sie sich als Allergiker davon nicht persönlich beeinflussen.
Durch Information und Aufklärung kann gewiß manches Vorurteil ausgeräumt werden.
Die Beschwerden ernst zu nehmen, ist die beste Vorraussetzung, Informationen zu
bekommen und Behandlungswege kennenzulernen, die Ihnen persönlich den Umgang
mit der Krankheit erleichtern.

Verstopfte Nase durch Allergie?


Bei ganzjährigen Allergenen, wie z.B. Bestandteile von Tieren oder Hausstaubmilben,
können sich die allergischen Beschwerden eher schleichend entwickeln. Besonders bei
der Hautstaubmilbenallergie leiden die Betroffenen eher unter einer blockierten Nase
und weniger an Juckreiz und Niesanfällen. Sämtliche Allergien der Schleimhäute, egal
ob der oberen oder unteren Atemwege, treten häufig schon im Kindes-, Jugend- oder
frühen Erwachsenenalter auf. Allerdings gibt es immer wieder Ausnahmen, daß auch
ältere Menschen noch eine Allergie entwickeln.

Allergie im Alter? Warum nicht !


Normalerweise sind die allergischen Beschwerden jedoch am häufigsten und
ausgeprägtesten im Kindes- bis zum jugendlichen Erwachsenenalter. Im späteren
Lebensverlauf nehmen die Allergien in der Regel ab; jeder Betroffene wird jedoch
seine eigene Geschichte schreiben können, wie sich die Allergien bei ihm entwickelt
haben.

Bei unzureichender Behandlung haben die Folgen der Allergien durchaus auch
Konsequenzen für unsere Gesellschaft. Arbeitsunfähigkeit und verminderte
Leistungsfähigkeit verursachen indirekte Kosten, die aufgrund der Häufigkeit von
Allergien in der Bevölkerung nicht zu unterschätzen sind. Insofern erscheint es nicht
gerechtfertigt, allergische Beschwerden als „Modekrankheit“ abzutun, denn die
nachgewiesene Zunahme dieser Erkrankungen stellt nicht nur den Einzelnen, sondern
auch die Gesellschaft vor ernsthafte Probleme.

Kommen Allergien aus der Mode?


Selbst wenn das zugegebenermaßen hohe Interesse der Medien in den nächsten
Jahren abflauen sollte, werden Allergien doch weiterhin vielen Menschen in unserer
Bevölkerung Beschwerden verursachen und mit großer Wahrscheinlichkeit noch weiter
zunehmen.

2.2 Allergisches Asthma


Bei einem Teil der betroffenen Allergiker bleiben die Beschwerden bei Allergenkontakt
nicht nur auf die oberen Atemwege beschränkt, sondern führen auch im
Bronchialsystem der Lunge zu schwerwiegenden Symptomen. Der allergische
Entzündungsmechanismus spielt sich ähnlich ab wie oben beschrieben, ist allerdings
durch die Struktur und die Ausstattung der unteren Atemwege (Lunge und
Bronchialsystem) noch komplizierter.

Mit der allergischen Entzündung der Bronchien ist nicht zu spaßen


Die Muskeln der Bronchien verkrampfen sich, es kommt zu einer Verengung der
Atemwege, die das Luftholen erschwert. Das Anschwellen der Schleimhaut und die
Produktion eines zähen Schleimes in den Bronchien kann die Atemnot verschlimmern,
so daß es schließlich zu lebensbedrohlichen Anfällen mit Luftknappheit kommen kann.
Durch die verengten Bronchien und die Schleimfäden kommt es zu typischen
Atemgeräuschen; dieses „Pfeifen“ und „Brummen“ ist beim akuten Asthmaanfall
deutlich zu vernehmen und wird häufig vom Arzt beim Abhorchen der Lunge des
Asthmatikers festgestellt. Zwischendurch können jedoch auch Phasen der
Beschwerdefreiheit auftreten, in denen sich der Betroffene völlig gesund fühlt.

Asthma schreitet fort…


Daneben gibt es schleichende Verläufe, durch die der betroffene Asthmatiker sich an
seine eingeschränkte Atemfunktion bereits gewöhnt hat. Für ihn ist die Notwendigkeit
der Behandlung nur schwer einzusehen.

…und kann chronisch werden


Leider kommt es jedoch bei dauerhaften Beschwerden, die über viele Jahre einen
chronischen Verlauf nehmen können, zu Folgeschäden an der Lunge und am Herzen.
Diese Spätkomplikationen würden sich bei sachgerechter Behandlung vermeiden
lassen. Sind sie jedoch erst einmal aufgetreten, wird die Behandlung zunehmend
schwieriger bzw. bei schweren Folgeschäden (Lungenüberblähung = Emphysem,
Rechtsherzbelastung) nahezu unwirksam. Während zu Beginn des allergischen
Asthmas die Luftnotanfälle nur durch bestimmte Allergene ausgelöst werden, kann es
bei fortgesetztem Allergenkontakt nach einer gewissen Zeit zu einer allgemeinen
Überempfindlichkeit der Bronchialschleimhaut kommen. Sie reagiert anschließend
auch auf andere mechanische, physikalische oder chemische Reize, die ursprünglich
mit der Allergie gar nichts zu tun haben. Dafür kommen z.B. kalte Luft, Rauch, Staub,
starke Gerüche, Anstrengungen oder psychische Belastungen in Frage.

Bei Asthma – abwarten und Tee trinken?


Besteht die allergische Entzündung und die allgemeine
Schleimhautüberempfindlichkeit für lange Zeit, verselbständigt sich das Asthma mehr
und mehr und bedeutet für das Leben des Betroffenen eine zunehmende
Einschränkung. Dies ist ein weiterer Grund, warum eine rechtzeitige Behandlung des
Asthmas so wichtig ist. Ein zögerndes Abwarten bei der Behandlung des Asthmas kann
sogar für eine Verschlechterung der Krankheit verantwortlich sein.

Nicht zögern, sonder wirksam behandeln!


Neben dem allergischen Asthma, dessen Anfälle zunächst vorwiegend durch die
Allergene ausgelöst werden, gibt es auch andere Asthmaformen, bei denen andere
Auslöser (z.B. Infekte, Anstrengungen, chemische und toxische Reize) bereits bei
Beginn der Erkrankung im Vordergrund stehen.

Asthma ohne Allergie


Auch bei diesen Asthmaformen finden wir eine chronische Entzündung in den
Bronchien, die allerdings nicht von Allergenen ausgelöst worden sein muß.

Bronchialasthma ist eine Krankheit, die häufig nicht oder nur unvollständig
geheilt werden kann. Nur in Einzelfällen gelingt es, z.B. bei beginnendem allergischen Asthma
und vollständiger Meidung der verantwortlichen Allergene, dauerhafte Phasen der
Beschwerdefreiheit zu erzielen. Aber auch hier würde man nicht von kompletter
Heilung sprechen, da es bei erneutem Allergenkontakt zu einem Wiederaufflackern der
Asthmabeschwerden kommen kann.

Komplette Hielung ist selten


Dennoch besteht alles in allem kein Grund zur Resignation, da bei der Behandlung des
Bronchialasthmas in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte erzielt worden sind. Die
heutigen Behandlungsmöglichkeiten sichern fast jedem Betroffenen ein hohes
Lebensalter bei nur mäßig eingeschränkter Lebensqualität.

Resignation ist nicht nötig; Menschen mit Asthma kann geholfen werden


Wie bei jeder chronischen Erkrankung, die sich einer kompletten Heilung entzieht, ist
es für den Betroffenen häufig schwierig, mit der Krankheit leben zu lernen. Allerdings
wird heute eine Vielzahl von Maßnahmen angeboten, die das Zurechtkommen mit
einem chronischen Asthmaleiden erleichtern können (z.B. Entspannungstraining,
Selbsthilfegruppen, Beratungs- und Informationskurse, Sportgruppen, psychologische
Unterstützung). Neben der deutlich verbesserten Behandlung (siehe Kapitel 5) stehen
dem Asthmakranken daher heutzutage auch vielversprechende Möglichkeiten zur
persönlichen und erfolgreichen Krankheitsbewältigung zur Verfügung.

2.3 Allergische Quaddelbildung


Gelangen die verantwortlichen Allergene erst einmal in die Blutbahn (z.B. bei Allergien
durch Nahrungsmittel oder Insektengift), kann sich die allergische Reaktion auch in der
Haut abspielen.

Quaddeln auf der Haut wie nach Brennnesselkontakt


Dabei kommt es innerhalb von Minuten zu klein- bis großflächigen Quaddeln mit roter
Umrandung, die außerordentlich stark jucken können. Entweder sind einzelne Teile
oder der gesamte Körper betroffen. Der quälende Juckreiz, durch den
Entzündungsstoff Histamin ausgelöst, ist häufig unerträglich und zwingt den
Betroffenen in der Regel, sofort einen Arzt aufzusuchen. In manchen Fällen ist auch
das Gesicht mitbetroffen, wo sich die Allergie als groteske Schwellung der Augenlider
und Lippen äußern kann. Sind Zunge und Kehlkopf von dieser umfassenden
allergischen Reaktion und Schwellung mitbetroffen, besteht akute Lebensgefahr. Eine
rasche ärztliche Behandlung ist bei dieser Form der Allergie sehr wichtig. In der Regel
klingen die juckenden Quaddeln jedoch innerhalb weniger Stunden bzw. Tage ab,
sofern keine Allergenbelastung mehr besteht.

Bei der Ursachenklärung sind Detektive gefragt


Neben bestimmten Allergenen (Nahrungsmittel, Insektengift, Medikamente, wie z.B.
Penicillin) kommen jedoch eine Reihe weiterer Ursachen für diese Nesselsucht
(Urtikaria) in Frage. Abgesehen von allergischen Auslösern können z.B. bei manchen
Patienten physikalische Reize derartige Hauterscheinungen auslösen (z.B. Kälte,
mechanische Berührung oder anhaltender Druck auf der Haut, Anstrengungen und
Wärme). Es liegt also nicht jedem Anfall von Nesselsucht eine allergische Ursache
zugrunde. Für den Arzt ist es daher häufig nicht einfach, die verantwortlichen Auslöser
herauszufinden.

Wenn die Quaddeln chronisch werden


In seltenen Fällen können die lästigen Quaddeln auch über einen längeren Zeitraum
von mehr als sechs Wochen bestehen. Hinter dieser chronischen Verlaufsform
verbergen sich nur in seltenen Fällen echte Allergien, d.h. Überempfindlichkeiten
gegen die in der Umwelt vorkommenden Eiweißstoffe. Die dauerhafte Form der
Quaddelsucht (chronische Urtikaria) ist daher für den betroffenen Patienten und für
den behandelnden Arzt häufig eine schwere Bürde, da es leider nur selten gelingt, die
Krankheit durch Vermeidung des Allergens zum Abklingen zu bringen.

2.4 Atopisches Ekzem (Neurodermitis) eine häufige Begleiterkrankung bei Allergien


Ein Teil der Kinder und Erwachsenen mit erhöhter Allergiebereitschaft (Atopie) leidet
an einer chronischen, stark juckenden Hauterkrankung, dem atopischen Ekzem.

Atopisches Ekzem ist nicht gleich Allergie


Bereits im Säuglings- oder Kleinkindalter kann es dabei an bestimmten Körperstellen
(z.B. Beugeseiten der Knie und Ellenbogen) zu stark juckenden Knötchen und geröteter
oder verdickter Haut kommen. Bei akuter Entzündung können diese Hautstellen
nässen, bei chronischem Verlauf ist die Haut besonders trocken und zeigt häufig eine
verstärkte Faltenbildung. Diese chronische Hauterkrankung, für die wir bisher keine
Heilung kennen, verläuft häufig in Schüben. In ausgeprägten Fällen kann die Haut am
gesamten Körper von der Entzündung heimgesucht werden, so daß häufig für die
betroffenen Kinder ein Krankenhausaufenthalt unvermeidlich ist.

Allergene können das Ekzem verstärken


Wir wissen inzwischen, daß eine Vielzahl von Faktoren für den jeweiligen Zustand der
Haut verantwortlich ist. Bei einem Teil der Kinder (ungefähr 20 bis 30%) können
Nahrungsmittelallergien z.B. gegen Milch oder Ei den Zustand der Haut verschlechtern.
Bei zusätzlich bestehenden Atemwegsallergien kann auch der direkte Hautkontakt mit
den verantwortlichen Allergenen (z.B. Hausstaubmilben) eine Verschlechterung der
Hauterscheinungen verursachen. Häufig sind die IgE-Antikörper im Blut bei den
Kindern und Erwachsenen mit atopischer Dermatitis im Blut stark erhöht. Dennoch
sind die Hauterscheinungen nicht als direktes Erscheinungsbild einer Allergie zu
verstehen, sondern beruhen möglicherweise auf einer komplexen Störung des Immun-
und Nervensystems in der Haut.

Komplexe Ursachen und zahlreiche Auslöser


Da viele Faktoren die Krankheit beeinflussen können (Allergene, Klimafaktoren,
Kleidung, Ernährung, psychische Belastung, Infekte der Haut), ist es häufig schwierig,
die Gründe für
eine Verschlechterung oder Verbesserung des Hautzustandes zu verstehen. Das kann
auch für die Familien oder die Umgebung der Betroffenen mit starken Belastungen
verbunden sein, da das quälende Suchen nach einfachen Antworten bei dieser
Erkrankung durch ihren multifaktoriellen (viele Faktoren spielen eine Rolle) Charakter
häufig ergebnislos bleibt. Glücklicherweise bildet sich bei dem größten Teil der Kinder
diese Erkrankung im späteren Jugend- und Erwachsenenalter zurück. Nur ein Teil der
Patienten behält diese chronische Hauterkrankung ein Leben lang; bei chronischem
Verlauf erscheint die Haut gerötet, verdickt und besonders reich an Falten. Da diese
Krankheit so komplex ist, ist ihr in dieser Taschenbuchreihe ein eigener
Patientenratgeber gewidmet („Neurodermitis“ von U. Gieler, J. Bräuer und G. Freiling).

2.5 Nahrungsmittelallergien


Allergien auf Nahrungsmittel: Ein seltenes Phänomen und vorwiegend bei KIndern


Allergien gegen Nahrungsmittel sind relativ selten und werden in ihrer Bedeutung von
der Bevölkerung allgemein überschätzt.Vorwiegend treten sie im Säuglings- bzw.
Kleinkindalter auf (maximal 8% der Kinder), während bei Jugendlichen und
Erwachsenen weniger als 1% darunter leiden. Bei Kindern mit hohem Allergierisiko
(Hochrisikokinder) kann nach dem Abstillen eine Allergie auf Kuhmilch oder Eiprodukte
entstehen. Diese können sich als Verdauungsstörung, Nesselsucht oder Aufflackern
eines atopischen Ekzems äußern. Die Beschwerden sind sehr vielgestaltig und können
auch durch Nüsse, Fisch oder andere Lebensmittelallergene verursacht werden. Es
sind wiederum die Eiweißkörper der Nahrungsmittel, auf die der Körper reagiert, und
selten die häufig verdächtigten Konservierungs-, Farb- und Zusatzstoffe. Bei diesen
handelt es sich um winzige chemische Bausteine, die von unserem Immunsystem nicht
erkannt werden.

Nahrungsmittelallergien kommen und gehen (meistens)


Glücklicherweise verlieren sich die meisten Lebensmittelallergien nach dem ersten
bzw. zweiten Lebensjahr. Manche der Reaktionen (besonders auf Fisch oder Nüsse)
können lebenslang bestehen bleiben. Viele Menschen mit einer ausgeprägten
Pollenallergie reagieren auf verschiedene Lebensmittel, da sich bestimmte
Eiweißkörper der Pollen und Nahrungsmittel stark ähneln. So wird beispielsweise bei
ausgeprägter Birkenpollenallergie häufig Kern- und Steinobst nicht vertragen.

Wenn nach frischem Obst die Lippe juckt…


Nach dem Genuß von rohem Obst (Äpfel, Kirschen, Pfirsiche u.a.) beginnt es im Mund
zu jucken oder es entsteht ein pelziges Gefühl an der Schleimhaut. Andere
Kreuzallergien bestehen zwischen Beifußpollen und verschiedenen Gemüsesorten
(Sellerie, Karotten, Fenchel, Petersilie) sowie Gewürzen. Häufig bleiben die Reaktionen
auf den Mundbereich beschränkt und treten nur beim Verzehr roher Speisen auf; in
seltenen Fällen kann der Körper jedoch an anderer Stelle mitreagieren (z.B. wäßriger
Fließschnupfen, Augenjucken und -tränen, Asthmaanfall, Nesselsucht mit juckenden
Quaddeln, Schwellung im Gesicht, Übelkeit mit Erbrechen, Bauchkrämpfe mit
Durchfällen, niedriger Blutdruck). Nahrungsmittelallergien können sich also
unterschiedlich im Körper äußern und jede Reaktion kann anders aussehen als die
vorangegangene.

Testung auf Nahrungsmittelallergie ist keine Kinderspiel


Für den Arzt ist es daher häufig schwierig, eine Nahrungsmittelallergie nachzuweisen.
Hauttests oder Blutuntersuchungen auf die betreffenden Nahrungsmittel sind häufiger
positiv, als es der wahren Bedeutung der vermeintlichen Allergene entspricht. Ein
positives Testergebnis ist also nicht gleichbedeutend mit einer Allergie; erst wenn die
körperlichen Beschwerden einwandfrei durch die Nahrungsmittel ausgelöst werden,
ist ein Zusammenhang wahrscheinlich. Bei entsprechendem Verdacht kann durch
konsequente Vermeidung des entsprechenden Nahrungsmittels (Eliminationsdiät) und
Ausbleiben der beobachteten Beschwerden in manchen Fällen ein Zusammenhang
belegt werden.

Provokation mit Nahrungsmitteln bringt die endgültige Antwort


Ein Provokationstest mit den verantwortlichen Nahrungsmitteln unter ärztlicher
Kontrolle kann schließlich den endgültigen Beweis erbringen. Dieser Test ist aufwendig
und nicht ganz ohne Risiko und wird daher ausschließlich in allergologischen
Spezialzentren angeboten. Allerdings ist er für jene Kinder besonders wichtig, bei
denen sich die bedeutsamen von den unbedeutsamen Auslösern mit anderen
Allergietests schwer unterscheiden lassen. Erst wenn in einem derartigen
Provokationstest ein Nahrungsmittel eindeutig als Ursache identifiziert werden konnte,
ist ein konsequentes Vermeiden dieses Auslösers berechtigt und sogar notwendig, um
das Auftreten einer Nahrungsmittelallergie und gleichzeitig eine Mangelernährung
aufgrund überflüssiger Diätvorschriften zu verhindern.

Gefährliche Nahrungsmittelallergien


Schließlich kommt es in sehr seltenen Fällen auch zu lebensbedrohlichen Reaktionen
durch Nahrungsmittel. In diesem Fall sollte der Betreffende über
Vorsichtsmaßnahmen genau Bescheid wissen und zur Sicherheit Medikamente zur
Notfallbehandlung mit sich führen. Bei den ersten Anzeichen einer heftigen
allergischen Reaktion ist sofort ein Arzt oder ein Krankenhaus aufzusuchen bzw. der
Rettungsdienst zu verständigen, um eine wirksame Behandlung zu gewährleisten.
Nahrungsmittelallergiker mit gleichzeitig bestehendem Bronchialasthma haben ein
größeres Risiko, potentiell gefährliche Reaktionen zu durchleiden. Da sich die Allergie
jedoch in den meisten Fällen nach ein bis zwei Jahren wieder verliert, sollte die oben
dargestellte aufwendige Provokation jedes Jahr wiederholt werden, um die
Notwendigkeit einer Diät zu überprüfen.

Hände weg von unsinnigen Diäten


Bei unpräziser Diagnose und falschen Empfehlungen kann es leider vorkommen, daß
die betroffenen Patienten sich krampfhaft nach strikten Diäten oder
Ernährungsempfehlungen richten. Viele dieser Empfehlungen sind medizinisch und
allergologisch gesehen nicht begründbar. Im Gegenteil, bei Kindern kann es durch
unbegründete Einschränkungen der Ernährung zu verzögertem Wachstum sowie
Mangelerscheinungen kommen. Insofern ist es empfehlenswert, daß sich betroffene
Eltern an Ärzte mit entsprechender Spezialausbildung (Kinderallergologe) wenden bzw.
sich geeignete Informationen von Selbsthilfegruppen oder fundierten
Patientenratgebern (siehe Anhang) beschaffen.

Vollwertige Ernährung trotz Allergie?


Sollte es tatsächlich notwendig sein, daß man ein bestimmtes Nahrungsmittel
aufgrund einer nachgewiesenen Allergie vermeiden muß, steht eine Reihe von
ausgezeichneten Rezeptsammlungen bzw. Kochbüchern für Allergiker zur Verfügung.
Dort finden sich zahlreiche Rezepte für eine vollwertige Ernährung trotz Verzicht auf
bestimmte Grundnahrungsmittel (z.B. Milch, Ei, Weizen). Da im Falle einer echten
Nahrungsmittelallergie bereits kleinste Mengen ausreichen, um die Beschwerden
auszulösen, sollte auf Lebensmittel, deren Zusammensetzung nicht hundertprozentig
klar ist, konsequent verzichtet werden.

Verpackte Lebensmittel und ihre Inhaltsstoffe; Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!


Selbst bei einer „vollständigen“ Deklaration sämtlicher Inhaltsstoffe ist nicht
ausgeschlossen, daß Beimengungen mit Allergencharakter eine potentielle Gefahr
darstellen. Leider versprechen auch die geplanten Gesetzesvorhaben zur
Lebensmitteldeklaration keine Abhilfe; Bestandteile unter fünf Prozent müssen auch in
Zukunft nicht aufgelistet werden. Vertrauen Sie daher nicht den möglicherweise
unvollständigen Angaben der Lebensmittelhersteller, sondern versuchen Sie, die
Zusammensetzung Ihrer Ernährung zu kontrollieren, indem Sie klar definierte und
frische Ausgangsprodukte verwenden.

Denken Sie jedoch daran, daß all diese Maßnahmen nur dann notwendig und sinnvoll
sind, wenn tatsächlich eine relevante Allergie gegen Nahrungsmittel bei Ihnen
nachgewiesen worden ist. Dazu bedarf es der Spezialkenntnisse und einer gewissen
Erfahrung, die Sie nur bei einem Arzt mit der Zusatzbezeichnung „Allergologie“ finden
werden. Da jedoch auch andere Ärzte oder Therapeuten sich dieser Problematik
annehmen können, werden immer wieder ungenaue Diagnosen gestellt und falsche
Informationen und Empfehlungen ausgegeben.

Vorsicht vor Scharlatanen!


Wie können Sie sich davor schützen? Fragen Sie nach der Qualifikation Ihres Arztes
und informieren Sie sich über andere Quellen wie z.B. Informationszentren,
Selbsthilfegruppen und seriöse Patientenratgeber (siehe Anhang), welches die
geeigneten Erkennungsmöglichkeiten und Maßnahmen für Ihre persönlichen
Beschwerden darstellen.

Illustrierten und ihre Wundermittel – Schaumschlägerei heilt keine Allergien


Seien Sie besonders mißtrauisch gegenüber den Wundermitteln aus der
Regenbogenpresse, hinter denen sich häufig abstruse, wenig fundierte
Außenseitermethoden verbergen. Das Illustriertenfoto von einem Vertrauen
erweckenden Menschen, möglichst noch im weißen Kittel, ersetzt schließlich keine
Spezialausbildung. Gäbe es tatsächlich ein Allheilmittel gegen Allergien, hätte es sich
vermutlich längst durchgesetzt und Allergien würden kein Problem mehr darstellen.

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Leichtes oder schweres Asthma?

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Probanden ab 18 Jahren für klinische Studien gesucht. Neue Behandlungsmethoden für die Zukunft.

Qualitätszirkel Allergologie

Qualitätszirkel Allergologie
Die AeDA-Regionalgruppe Berlin trifft sich meist am 1. Do. des Monats zum allergologischen Qualitätszirkel; NEU: ab 2-2019 in der KV Berlin (Moderation: Dr. Zeise u. Dr. Chaoui)

AeDA-Regionaltagung 2017

AeDA-Regionaltagung 2017
Am Sa. 14.10.17 findet im Westend die allergologische Jahrestagung der Berliner Regionalgruppe des Ärzteverbandes Deutscher Allergologen (AeDA) statt; dieses Jahr unter dem Hauptthema "!Leitlinien in der Allergologie: Handlungsbasis für Klinik und Praxis"

Internationales Fachbuch zur Molekularen Allergologie

Internationales Fachbuch zur Molekularen Allergologie
Jörg Kleine-Tebbe & Thilo Jakob (Hrsg.):
1. Auflage, 531 S., 112 Abb., gebunden
ISBN: 978-3-319-42498-9
Springer International Publishing 6-2017

EAACI Molecular Allergology User´s Guide (MAUG) 2016

EAACI Molecular Allergology User´s Guide (MAUG) 2016
Wissenschaftliche Veröffentlichung des EAACI MAUG frei verfügbar: Pediatr Allergy Immunol 2016;27 Suppl 23:1-250 (Free Access, PDF-Datei 18,5 MB, dazu auf das Cover klicken)